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Eisenbahn Lokomotive

Fabrik, Proletariat und moderner Kapitalismus, dies waren die heftig debattierten Errungenschaften der industriellen Revolution in Großbritannien. Die Eisenbahn bot die Grundlage für spekulative Versuche mit Aktien – in der Folge kam es zu zyklischen Wirtschaftskrisen.

England – der erste kapitalistische Industriestaat

Für die reichen Briten brachte die industrielle Revolution noch mehr Wohlstand, bei den Armen hingegen blieb alles wie gehabt. Die einst bedeutende See- und Handelsmacht England stieg zwischen 1740 und 1840 zur weltweit führenden Industrienation auf. Großbritannien produzierte damals 50 Prozent aller global benötigten Produkte aus Eisen und Baumwolle, fast die gesamte Stahlmenge und förderte gut 60 Prozent der Kohle. Innovativ und kreativ zeigten sich die Engländer beim neuen Produktionsmodell Fabrik, bei automatisierten Webstühlen sowie bei der Entwicklung der ersten Dampfmaschine. Genau diese Dampfmaschine auf Rädern, Eisenbahn genannt, verhalf den Briten entscheidend zum Erfolg.

Aktien erhalten erstmals Bedeutung

Die industrielle Revolution und die Erstellung eines flächendeckenden Eisenbahn-Netzes verschlangen enorme Summen. Großbritannien brauchte Geld und strukturierte den heimischen Finanzmarkt neu. Zwei Dinge spielten plötzlich tragende Rollen: Aktien und deren Handelsplatz, die Börse. Fonds und Aktien wurden neben Anleihen und Investitionskrediten zu modernen Instrumenten der Kapitalbeschaffung. Spekulanten wurden damit Tür und Tor geöffnet. In der Folge kam es aufgrund eines destabilisierten Banken- und Geldsystems zu Wirtschaftskrisen, deren Ursache dem Neuzeitsymbol Eisenbahn zugewiesen wurde.

Die am Bau der Eisenbahn beteiligten Gesellschaften waren Unternehmen mit privater Grundlage. Angesichts deren Bedarf an Liquidität entstand ein riesiger Kapitalmarkt, der die Investitionssummen bei Privatleuten akquirierte. Wie schon beim Ausbau der Kanalisation ließen sich vermögende Briten zum Erwerb von Eisenbahn-Aktien überreden. Sie hatten an dem eigentlichen Projekt wenig Interesse, sondern wollten nur ihr Geld vermehren. Die Aktiengesellschaft eiste auch hier die Mittel passiver Anleger von klassischen Banken los und leitete sie in Eisenbahnunternehmen.

Die ersten Erfahrungen

Aufgrund der über Aktien generierten Mittel stellten die Eisenbahngesellschaften 300.000 Menschen ein und schufen damit ein weit über den Bedarf hinausgehendes Streckennetz. Die darauf folgende Performance-Delle enttäuschte zahlreiche Spekulanten, welche sich schnellstmöglich von ihren Wertpapieren trennten. Das Zeitalter der Eisenbahn machte Aktien zu Instrumenten der Kapitalbeschaffung und war mit einem hässlichen Manko behaftet: Eine Börsenturbulenz folgte der Nächsten.