Für Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, kann der wohlverdiente Ruhestand zum Problem werden. Vor allem männliche Rentner werden von Inhaltslosigkeit des Seniorenlebens und Langeweile geplagt, dazu kommt bei zunehmend vielen Rentenbeziehern die Einsamkeit.
Ruhestand, was nun?
Im wirtschaftlichen Idealfall ist ein Angestellter oder Arbeiter mindestens 45 Jahre in einem festen Mitarbeiterverhältnis tätig. Die Anstellung generiert mehr oder weniger hohes Einkommen, schafft Beziehungen zu Kollegen und überträgt ein gewisses Maß an Verantwortung. Spätestens am letzten Tag vor dem Ruhestand, oft jedoch schon wesentlich früher, kommen Leere, Verzweiflung und Zukunftsängste auf. Meist geht es dabei nicht um wirtschaftliche Aspekte, sondern um eine Form von menschlicher Nähe, welche es im zukünftigen Seniorendasein nicht mehr geben wird.
Das Gefühl, von heute auf morgen nicht mehr gebraucht zu werden, ist schlimmer als die Reduktion der Bezüge von Gehalt auf Rente. Es fehlen der alte Schreibtisch, die mehr oder weniger lieben Kollegen und vor allem Verantwortung für die Geschicke der Firma. Im Ruhestand rächen sich all die kleinen Fehler aus jahrzehntelangem Arbeitsleben. Alles für die Firma zu geben, bedeutet nämlich, sich selbst zu vernachlässigen.
Keine Freude am Ruhestand
Selbstverständlich sollte das Berufsleben immer einen gewissen Stellenwert besitzen, nur übertreiben es die meisten Arbeitnehmer etwas mit dessen Wichtigkeit. Nur wer frühzeitig für ausgleichende Balance im Leben sorgt, kann sein Seniorendasein wirklich genießen – oder aus Spaß weiterarbeiten. Es spielt sich alles nur in den Köpfen der betroffenen Menschen ab, wer vermeintlich wichtige Dinge systematisch überbewertet, kämpft später mit den Folgen. Wer also seiner Arbeit zu hohe Bedeutung einräumt, hat an der mit Rente verbundenen Freizeit wenig Freude.
Abhängigkeit und Krankheit
Beides hat oft gemeinsame Ursachen und wird häufig im Ruhestand zur Realität. Wer mit der plötzlichen Freizeit nichts anfangen kann, sucht möglicherweise Trost im Alkohol und riskiert damit seine Gesundheit. Auf die Rente zugehende Arbeitnehmer können beide Bedrohungen vermeiden, wenn sie so früh wie möglich die Balance zwischen Karriere und anderen Werten des Lebens suchen.
Interessant ist, dass eher Menschen Probleme mit dem Übergang haben, die vorher bereits etwas angeschlagen waren oder unfreiwillig aus der aktiven Berufsphase ausgestiegen sind. Sie meinen oft, sie müssten noch etwas erledigen, Vergangenes korrigieren.
Glück eine Frage des Alters?
Menschen mit einem erfüllten Berufsleben dagegen scheinen mit dem Ruhestand besser zurechtzukommen als ihre vorher schon weniger glücklichen Kollegen. Ihnen fällt das Loslassen leichter. Und sie haben oft gute Möglichkeiten, nach dem Rentenbeginn sinnstiftende Aufgaben zu finden.
Grundsätzlich sind alte Menschen aber nicht per se unglücklicher als Jüngere. Die Verteilung von glücklichen und weniger glücklichen alten Menschen weicht nicht ab von den jüngerer Altersgruppen.
Damit dürfte nicht die Rente an sich die Ursache für Unglück sein, denn wer Freude an seiner Berufstätigkeit hat, bleibt länger jung und gesund. Und wer schon im Berufsleben eine gute Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu schaffen weiß, dürfte auch im Ruhestand ein hohes Maß an Zufriedenheit erfahren.